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Blockchain-Technologien haben heute eine Menge Einsatzmöglichkeiten – z. B. im Bereich Transport und Logistik. Insbesondere in diesem Bereich ist die fälschungssichere Versendung von Informationen an die Beteiligten entlang der Logistikkette ein großes Problem. Transportbegleitpapiere, Frachtbriefe und Zolldokumente werden heute oft noch in Papierform ausgetauscht – und in einigen Fällen auch über E-Mail, Clouddienste oder Frachtbörsen. 

Im intermodalen Verkehr ist die Anzahl der Beteiligten hoch und im grenzüberschreitenden Transport natürlich nochmal höher. Beim externen Austausch von Daten bestehen darüber hinaus noch große Probleme in Form von Medienbrüchen und mangelnden Standards. Es existieren zwar zahlreiche Softwarelösungen und Schnittstellen, aber kaum einheitliche Standards, sodass Interoperabilität nur selten erreicht werden kann. Automatisierte organisationsübergreifende Prozesse sind so kaum möglich und letztlich führt mangelnder Austausch zu Verzögerungen im Transport, was wiederum hohe Kosten verursacht.


Die Blockchain-Technologie verspricht hier als Vertrauensinstanz entscheidend zur Lösung des Problems beizutragen.

Blockchain und Smart Contracts

Für die Akzeptanz der Blockchain-Technologie ist die direkte Einbindung der fachlichen Experten z. B. bei der Definition der sogenannten Smart Contracts äußerst wichtig.

Smart Contracts sind Programme, die in einer transparenten, gegen Manipulation abgesicherten Umgebung – also insbesondere auf einer Blockchain – ablaufen. Wie der Begriff “Smart Contract” schon andeutet, werden diese Programme vor allem dazu verwendet, um Teile von Vertragsabläufen zu automatisieren. Sie warten auf Events aus der physikalischen Welt (z. B. über Sensoren), prüfen diese mit Hilfe kryptographischer Verfahren und lösen daraufhin Geld- oder Informationsflüsse aus. Auch das Einwirken auf informationstechnische Systeme wie z. B. das Abschalten der Zündung eines Automobils ist möglich, falls dieses technisch entsprechend vorgesehen ist. Im Kontext der Transport-Logistik könnte z. B. die Einhaltung der Kühlkette mittels Temperatur-Sensoren eine Voraussetzung dafür sein, dass Geld fließen kann. Diese Zusammenhänge werden heute von einem Programmierer direkt in sogenannten Smart Contracts codiert (z. B. bei der Ethereum Blockchain zumeist mit der Programmiersprache Solidity).

Wichtiges Ziel im Hinblick auf die Anwendbarkeit und Akzeptanz solcher Smart Contracts ist die Ermöglichung der Vertragsdefinition durch Nicht-Programmierer (also durch fachliche Experten wie hier z. B. Logistiker).

Hanseatische Blockchain-Innovationen für Logistik und Supply Chain Management

itemis wird dieses Ziel im Rahmen des Verbund-Projektes HANSEBLOC adressieren, indem die Vertragsdefinition mit Hilfe von fachlichen Domänenspezifischen Sprachen (DSLs) durchgeführt und durch Verifikations- und Simulationstechniken unterstützt wird. HANSEBLOC ist ein beim BMBF beantragtes Förderprojekt, bei dem es darum gehen wird, die potenziellen Mehrwerte der Blockchain für die Logistik-Branche unter die Lupe zu nehmen.
Der Koordinator ist die “Logistik-Initiative Hamburg e.V.” (LIHH). Das Konsortium umfasst 10 Mitglieder bestehend aus Logistikunternehmen, IT-Dienstleister und Hochschulen. Die itemis AG ist Teil des Konsortiums.

Als konkreter Anwendungsfall bietet sich z. B. der Frachtbrief an. Ein Frachtbrief ist ein Transportbegleitpapier, in dem mindestens die beförderte Ladung, der Be- und Entladeort und der Auftraggeber angegeben wird. Er repräsentiert nicht zuletzt auch den Abschluss des Frachtvertrages zwischen dem Absender und dem Frachtführer. Ein digitaler Frachtbrief auf Basis einer Blockchain wäre gegenüber dem derzeit vornehmlich papierbasierten Abwicklungsverfahren ein deutlicher Sicherheitsgewinn bezüglich Verlust, Manipulation oder Diebstahl, da eine unmittelbare Verteilung aller Transportinformationen an alle beteiligten Partner sichergestellt wäre.

Damit es allen Beteiligten ermöglicht wird, auch bei der Definition eines Vertrages (im konkreten Anwendungsfall auch eines Frachtbriefes) zusammenzuwirken, ist eine webbasierte Kollaborationsumgebung geplant. D. h. jeder kann über einen Internet-Browser mittels einer Domänenspezifischen Sprache seinen Beitrag zur Vertragsdefinition leisten – und alle Änderungen sind für alle sichtbar. Sobald die Definition unter Mitwirkung aller relevanter Beteiligter abgeschlossen ist, kann der zur Ausführung auf der Blockchain notwendige Code mittels eines Generators umgesetzt werden. Ab dann wäre eine automatisierte Vertragsausführung sichergestellt. D. h. der Smart Contract “überwacht” die Einhaltung aller im Vertrag geregelten Aspekte und löst notwendige Aktionen automatisiert aus – z. B. Zahlungsanweisungen.

Die Erfahrung lehrt, dass – auch wenn der Nutzen offensichtlich ist – die Akzeptanz von neuen Technologien oftmals abhängig ist von der Usability und der Nutzererfahrung der Endanwender. Aus diesem Grund wird dieser Aspekt auch in HANSEBLOC eine wichtige Rolle spielen. Die Verwendung einer DSL zur Definition von Smart Contracts ist ein wichtiger Punkt dabei.

Abschließend verspricht die Blockchain also viel Nutzen für die Logistik-Branche. Vor diesem Hintergrund ist auch das kürzlich angekündigte Joint-Venture zwischen IBM und Maersk nachvollziehbar, dessen Ziel es sein wird, die Potentiale der Blockchain für die Reedereien und die Logistik-Branche insgesamt zu eruieren.

Letztlich wird das Vertrauen aller beteiligten Parteien entscheidend sein, ob sich in Zukunft Blockchain basierte Logistik-Prozesse durchsetzen werden oder nicht.

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