Einen Computer, ein Smartphone oder die neu eingeführte Software zu bedienen, stellt so manche User – insbesondere im Unternehmensumfeld – vor große Herausforderungen.
Zwar schreibt die Softwarebranche dem Thema „Gebrauchstauglichkeit“ den höchsten Stellenwert zu, dennoch orientieren sich die meisten Systeme kaum an den Nutzern, deren Anforderungen und Bedürfnissen.
Nicht verwunderlich ist also, dass die sogenannten „IT-Helpdesks“ regelmäßig mit abertausenden Supportanfragen bombardiert werden. Die teilweise banalen „Probleme“ der User bringen die Mitarbeiter an ihre Grenzen. Der interne Support kann die Anfragen aus Kapazitätsgründen häufig nicht mehr alleine abwickeln, sodass durch externe Serviceprovider, hauptsächlich für den 1-Levelsupport, aufgestockt werden muss.
Die Gründe, warum der IT-Helpdesk kontaktiert wird, sind vielfältig – dennoch haben die Nutzer Eines gemeinsam:
Sie haben ein Problem, kommen nicht an ihr Ziel und wissen nicht weiter. Manchmal brauchen Support-Mitarbeiter dabei zwar Nerven wie Drahtseile, denn Aussagen wie „Die Software funktioniert nicht“ oder „Mein Computer ist kaputt“ treiben einen schon einmal an den Rande des Wahnsinns.
Dennoch liegt das Problem einzig und allein an der wenig intuitiven und undurchsichtigen Software und den damit verbundenen Usability-Problemen.
Dabei lässt sich die Usability einer Software einfach verbessern und somit die Supportanfragen verhältnismäßig einfach reduzieren – und zwar mit Hilfe von Usability Engineering. Usability Engineering heißt, die Nutzerwünsche und Bedürfnisse zu beachten und mit einzubeziehen. Es gibt eine Menge Methoden, die herangezogen werden können, um die Usability eines interaktiven Systems zu verbessern, z.B. Beobachtungen oder Befragungen der Nutzer, Gutachten auf Basis von Heuristiken oder Experten-Reviews.
Doch auch ohne jemals mit einem Nutzer gesprochen zu haben, kann man anhand von einigen Regeln Usability-Schwachstellen erkennen, beheben und somit die Supportanfragen reduzieren.
Anspruch eines jeden Entwicklers von interaktiven Systemen – egal ob Website oder Software – sollte es sein, sein System so intuitiv wie möglich zu gestalten.
Verschiedene Heuristiken und Prinzipien helfen dabei, dieses Ziel zu erreichen – zum Beispiel EN ISO 9241, eine Richtlinie zur Mensch-Computer-Interaktion. Laut dieser ISO-Norm sind es Effektivität (zur Lösung einer Aufgabe), Effizienz (der Handhabung eines Systems) und Zufriedenheit (der Nutzer mit der Software) welche eine Software gebrauchstauglich machen. Um diese intuitive Bedienung von Benutzungsschnittstellen wie Software, Websites oder mobilen Anwendungen zu gewährleisten, gilt es die sieben Prinzipien zur Dialoggestaltung zu berücksichtigen.
Die Aufgabenangemessenheit ist das wohl wichtigste Kriterium an ein interaktives System: Als „aufgabenangemessen“ gilt es, sofern der Nutzer unterstützt wird und er seine Aufgabe effektiv und effizient erledigen kann. Damit dieses Kriterium erfüllt ist, müssen die Arbeitsabläufe und Aufgaben der Nutzer bekannt sein, es muss festgelegt werden, wann eine Aufgabe als erfüllt gilt (Effektivität) und schließlich muss der Weg definiert werden, der effizient zu diesem Ziel führt. Das bedeutet, dass der Nutzer mit geringem Einsatz von Zeit, Geduld, Gedächtnis- und Transferleistung sein Ziel erreichen muss.
Ein System gilt als erwartungskonform, wenn die Erwartungen des Nutzers erfüllt werden – sich zum Beispiel mit den Erfahrungen des Nutzers aus der Interaktion mit anderen Systemen deckt. Auch das Argument „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“ wird dadurch untermauert, denn Nutzer wollen ihre Gewohnheiten nicht aufgeben, ihre Komfortzone nicht verlassen – neue Wege gehen zu müssen, bedeutet immer lästige Zusatzarbeit. Um Erwartungskonformität zu erreichen, ist es immer hilfreich, sich an gängiger Software zu orientieren und Interaktionsschritte zu übernehmen – muss der Nutzer keine neuen Arbeitsschritte erlernen, steigert das zusätzlich die Nutzerakzeptanz.
Die Fehlertoleranz eines interaktiven Systems ist ein wichtiges Kriterium, um Nutzern die Interaktion mit einem System zu erleichtern. Fehler kommen immer wieder vor, die Frage ist, ob das System in solchen Fällen Hilfestellung gibt – und diese auch wirklich hilfreich ist und nicht zu zusätzlicher Verwirrung führt: Gibt es FAQs oder Hilfeseiten, wo sich Nutzer Hilfestellung und Tipps einholen können? Gibt es kontextsensitive Fehlermeldungen? Diese Hilfsmittel tragen zur Fehlertoleranz bei und erhöht die Nutzerakzeptanz.
Ein System gilt als Selbstbeschreibungsfähig, wenn der Nutzer zu jeder Zeit weiß, wo er sich befindet, welche Funktionalität verfügbar ist und sich stets die Möglichkeit bietet, vom jeweiligen Dialog Hilfestellung zu bekommen (s.o. “Fehlertoleranz”). Diese Beherrschbarkeit, Orientierung und Rückmeldung des Systems sowie die oben genannten Hilfestellungen sind wichtige Kriterien für die Intuitivität eines interaktiven Systems.
Ein interaktives System sollte stets steuerbar sein, d.h. der Nutzer soll Schaltfläche, Menüeinträge und Iconssofort verstehen und mit einfachen und flexiblen Dialogwegen zum Ziel gebracht werden. Dabei ist es Voraussetzung, dass Interaktionen rückgängig und aufhebbar gemacht werden können.
Nutzer haben verschiedene Bedürfnisse und Anforderungen an ein interaktives System. Daher ist es wünschenswert, individualisierte Einstellungen vornehmen zu können. So sollte jeder Nutzer abhängig von den persönlichen Bedürfnissen beispielsweise Schriftgröße oder Symbolleisten so einstellen können, dass er effektiv mit der Software arbeiten kann. Voraussetzung dafür ist, die vorgenommenen Einstellungen abspeichern zu können.
Lernförderliche Maßnahmen sind besonders dann zu ergreifen, wenn Software unregelmäßig genutzt wird. IT-Kenntnisse, sowie kognitive Muster, d.h. die gesammelten Erfahrungen im Umgang mit interaktiven Systemen der Nutzer beeinflussen die Notwendigkeit von lernförderlichen Maßnahmen.
Für unerfahrene Nutzer sollten verschiedene Hilfestellungen angeboten werden, so wie logischer Seitenaufbau und Interaktion (angelehnt an gängige Software und den gesammelten Erfahrungen der Nutzer), Hilfeseiten, FAQ, Tutorials und Visual Guiding können Lösungen sein, um die Lernförderlichkeit eines interaktiven Systems zu erhöhen.
Jedoch sollte nicht vergessen werden, dass auch diese Hilfestellungen gebrauchstauglich sein müssen, um nicht eine Hilfe zur Hilfe notwendig zu machen.
Gute Usability entsteht durch ein Zusammenspiel von Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit der Nutzer. Durch die Berücksichtigung von den gängigen Dialogprinzipien, lässt sich Effektivität und Effizienz realisieren. Frustration seitens der Nutzer kann vermieden werden – was schlussendlich dazu führt, dass Supportanfragen deutlich reduziert werden können.
Allerdings ist es mit der Usability von interaktiven Systemen wie mit dem Salz: Es fällt erst dann auf, wenn es nicht vorhanden ist.
Wenn ihr also mehr über den Einsatz und die positiven Effekte von Usability Engineering erfahren wollt, ladet euch unser kostenfreies E-Book “Mehr als nur Look and Feel” herunter.