Wer sich schon einmal fragte: „Was genau ist eigentlich diese CPUX-Schulung und vor allem, wie läuft sie ab?“, wird in diesem Blogbeitrag die Antwort bekommen. Benötige ich die Schulung für die Prüfung überhaupt? Und wie laufen Schulung und Prüfung überhaupt ab? Was bringt mir ein Zertifikat und welche Arten von Zertifizierungen gibt es? Alles Fragen, auf die mein Erfahrungsbericht aus Teilnehmersicht Antworten bietet und eine Entscheidungshilfe sein soll.
Nachdem ich mein Studium absolviert hatte und frisch in den Beruf des Usability Engineers eingestiegen bin, wollte ich mich auch direkt zum „Professional for Usability and User Experience“ zertifizieren lassen. Da schien die Basiszertifizierung des International Usability and UX Qualification Boards (UXQB) die richtige Wahl zu sein. Mit diesem „UXQB® Certified Professional for Usability and User Experience – Foundation Level (CPUX-F)“-Zertifikat sollte mir bescheinigt werden, dass ich grundlegende Kenntnisse über Begriffe und Konzepte aus dem Fachgebiet Usability und User Experience besitze. Dabei richtet sich die Prüfung maßgeblich an folgende Kompetenzfelder:
Das Einzige, was ich dafür tun musste, war eine Zertifizierungsprüfung abzulegen. Dabei ist es jedem Teilnehmer freigestellt, ob er zuvor ein Training absolviert oder sich mittels Selbststudium auf die Prüfung vorbereitet. Ich entschied mich ohne lange zu überlegen für eine vorbereitende Schulung, da ich nach meinem Studium weder vielfältige Praxiserfahrung vorweisen konnte, noch mich dazu im Stande sah, mir all diese Erkenntnisse durch eigene Internetrecherche anzueignen. Zwar gibt es auf den Seiten der UXQB ein Glossar, dass man sich vorbereitend durchlesen kann, allerdings handelt es sich dabei mehr um eine Begriffssammlung, ohne dass Zusammenhänge klar herausgestellt werden.
Aus diesem Grund fiel meine Wahl auf einen 3-Tages-Workshop, in welchem die theoretischen Grundlagen des Usability Engineering nach ISO 9241 sowie die zentralen Methoden und Best Practices beim benutzerzentrierten Entwurf interaktiver Anwendungen vermittelt werden sollten. Als Teilnehmer sollte ich in die Lage versetzt werden, die Rolle des Usability Engineers in allen Phasen eines Software-Entwicklungsprojektes einzunehmen – von der Anforderungsanalyse über die Spezifikation und Prototypenerstellung bis zur Umsetzung und der Evaluation durch Tests. Im Anschluss an diesen Workshop fand die Zertifizierungsprüfung statt, mit welcher ich mich als Usability und User Experience Professional qualifizieren konnte.
Der Ablauf des Workshops folgte, wie bereits auf der Internetseite des Anbieters angekündigt, dem Curriculum des UXQB®. Diesen Lehrplan kann sich jeder im Vorfeld herunterladen und die Modulüberschriften studieren. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Einteilung von Themen und Begriffen in Unterrichtseinheiten, weswegen der Workshop meiner Meinung nach einen essentiellen Mehrwert darstellt. Außerdem bietet das UXQB® wie beschrieben das Glossar zum Download an, in welchem alle Begriffe und Synonyme definiert sind. Mir war bereits zu Ohren gekommen, dass man als Zertifizierungsanwärter diese rund 130 Begriffe im Detail verstanden haben und wiedergeben muss, um die Prüfung zu bestehen. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden Begriffe im Workshop immer wieder aufgegriffen, erklärt und diskutiert. So konnte sichergestellt werden, dass alle Begriffe und Synonyme bekannt sind und es zu keinen größeren Überraschungen in der Prüfung kommt.
Ganz besonders gefallen haben mir die praktischen Übungen zu jedem einzelnen Modul. Dabei handelte es sich einerseits um kleinere Aufgaben, wie beispielsweise die Zuordnung und Bewertung von Dialogprinzipien und andererseits um größere Übungen, wie das Erstellen und Evaluieren eines Prototypen aus zuvor erhobenen Anforderungen. Einige der vorgestellten Methoden waren mir bereits aus dem Studium bekannt, andere wiederrum weniger. So konnte ich z.B. anschaulich lernen, wie man eine Persona oder ein Aufgabenmodell erstellt. Mit Hilfe der praktischen Übungen wurde ein gutes Gefühl für die Vorgehensweisen und Aufgaben eines Usability Engineers geschaffen. Ich hatte direkt das Gefühl, nicht nur Wissen für die Prüfung zu lernen, sondern auch Tipps und Tricks für meine zukünftige Arbeit abzuleiten. Darüber hinaus wurde meine geringe Praxiserfahrung durch die Anekdoten und Praxisbeispiele des erfahrenden Workshop-Anbieters angereichert und in Diskussionen mit der gesamten Gruppe ausgebaut. Dieser Umstand bestärkte mich erneut darin, dass solche vorbereitenden Trainings durchaus sinnvoll sind.
Am Nachmittag des dritten Tages erfolgte schließlich die Prüfung durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle. Dazu bekamen alle Teilnehmer, die die Zertifizierung ablegen wollten, einen Prüfungsbogen. Insgesamt gab es 40 Prüfungsfragen aus den verschiedenen Themenbereichen Grundlagen, Analyse, Gestaltung und Evaluation. In maximal 75 Minuten mussten all diese Fragen beantwortet werden, wobei mindestens 28 der 40 möglichen Punkte zum Bestehen erreicht werden mussten. Jede Frage war eine Multiple-Choice-Frage mit 6 Antwortmöglichkeiten. Eine von diesen Antwortmöglichkeiten war jeweils signifikant richtiger als die übrigen Antworten. Bei einigen Fragen waren sogar zwei oder drei Antwortmöglichkeiten signifikant richtiger als die Übrigen.
Damit kommen wir zu einer meiner Meinung nach bestehenden Schwachstelle der Zertifizierungsprüfung. Es konnte also vorkommen, dass mehrere Antworten korrekt waren, die „richtigste“ Antwort aber ausgewählt werden musste. Mit dieser Art der Bewertung hatte ich so meine Probleme. Manche Antwortmöglichkeiten der Prüfungsfragen kamen mir daher sehr willkürlich vor. Ich war mir hin und wieder sicher, dass mindestens zwei Antworten stimmen, obwohl nur eine gefordert war. In so einer Situation steht man als Prüfling vor dem Dilemma, raten zu müssen, welche Antwort denn nun „richtiger“ ist als die anderen. In diesen Augenblicken war ich froh, dass wir zuvor in der Schulung genau auf solche Eventualitäten zu sprechen gekommen waren. Wir sind die vorhandenen Beispielprüfungsfragen Schritt für Schritt durchgegangen und haben sowohl ihren Aufbau als auch die inhaltlichen Aspekte bis ins kleinste Detail analysiert.
Anzumerken ist jedoch, dass die wirklichen Prüfungsfragen um einiges schwieriger waren als die Beispielprüfungsfragen, nicht zuletzt durch verwirrend gestellte Fragen oder schwierige Synonyme, wie z.B. „antizipiert“ statt „erwartet“. Dennoch konnte ich mit Hilfe der Schulung und einer gute Vorbereitung mit dem Glossar die Prüfung bestehen.
Mein Fazit zu dieser Schulung ist, dass es sich auf jeden Fall lohnt, ein vorbereitendes Zertifizierungstraining zu besuchen, vor allem wenn sich der Teilnehmer für Best-Practices interessiert und von den Erfahrungen anderer in diesem Bereich profitieren möchte. Mit Hilfe der Schulung konnte ich die Zertifizierungsprüfung bestehen, da sie mich konkret auf die Art der Prüfungsfragen vorbereitet hat. Da die Fragen deutlich schwieriger waren als in der Probeprüfung, stellen sich die vielen anschaulichen Beispiele vom Schulungstrainer zum besseren Verständnis als besonders hilfreich heraus. Neben der CPUF-F Basiszertifizierung wird inzwischen eine Aufbaustufe zum „Certified Professional for Usability and User Experience – Usability Testing and Evaluation (CPUX-UT)“ angeboten. Dabei geht es beispielsweise um die Anwendung von Benutzerbefragungen oder -tests. In Zukunft soll es außerdem noch weitere Ausbaustufen geben.