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In geschlossenen Räumen wird das GPS-Signal zu schwach/ungenau und macht eine gezielte Innenraum-Navigation unmöglich. Auf Messen, in Einkaufszentren oder in Flughäfen wäre eine Indoor-Navigation jedoch eine willkommene Hilfe, für den Weg zum Ziel. In diesem Artikel erläutere ich dir eine Möglichkeit zur Indoor-Navigation mit Bluetooth-Beacons. Außerdem stelle ich dir die App vor, mit der wir das Konzept erlebbar machen.

Motivation zur Auseinandersetzung mit dem Thema Indoor-Navigation

Jedes Mal, wenn ich eine Messe, Ausstellung oder eine ähnliche Veranstaltung besuchte, geriet ich in folgende Situation: Am Eingang bekam ich einen Flyer mit einem Lageplan des Events und kurzer Beschreibung zu jedem Stand.

Als erstes versuchte ich, meine eigene Position auf der Karte zu bestimmen. Danach suchte ich nach Ständen, die mich interessierten. Schließlich überlegte ich mir eine optimale Route, so dass ich alle Stände auf dem kürzesten Weg besuchen konnte.

Kennst du diese Überlegungen vielleicht von eigenen Messebesuchen?

In solchen Situationen dachte ich immer wieder darüber nach, wie schön es wäre, wenn es eine mobile Applikation gäbe, die mir die Navigation in geschlossenen Räumen/Gebäuden abnehmen könnte. Dabei blieb immer die Frage offen, warum es solche Apps zur Indoor-Navigation noch nicht gibt? Ist die Umsetzung dieser Funktionalitäten extrem aufwändig, teuer oder unmöglich?

Ich teilte meine Gedanken zur Innenraum-Navigation mit meinem Kollegen Jan Winter, und wir begannen zu recherchieren, wie man eine Navigations-App mit interaktiver Karte für eine beliebige Veranstaltung realisieren könnte.

Herausforderungen bei der Indoor-Navigation

Beim Erstellen einer Navigations-App mit interaktiver Karte für eine Veranstaltung muss man zwei grundlegende Probleme lösen: Die Umsetzung der Navigation und die Kartendigitalisierung.

Navigation

Die Navigation ist wichtig für die Bestimmung der eigenen Position, für die Planung der Route und für das Navigieren selbst. Die „klassische“ Variante der Navigation basiert auf globalen Navigationssatellitensystemen (GNSS) wie GPS, GLONASS, Galileo oder Beidou und funktioniert einwandfrei auf freien Flächen außerhalb von Gebäuden.

Innerhalb eines Gebäudes ist das GNSS-Signal teilweise oder gar nicht vorhanden, so dass die Navigation nur sehr ungenau oder überhaupt nicht möglich ist. Hier kommen andere Ortungstechnologien für die automatische Positionsbestimmung zur Anwendung.

Da die meisten Messen und Ausstellungen in geschlossenen Räumen stattfinden und die Innenraum-Navigation selbst ein sehr breites Anwendungsfeld bietet, haben wir uns dazu entschieden, uns auf diese Art der Technologie zu konzentrieren.

Wie bereits erwähnt, wird eine Navigation innerhalb eines Gebäudes als Innenraum-Navigation oder auch Indoor-Navigation bezeichnet. Für die Positionsbestimmung werden meist WLAN- oder Bluetooth-Technologien verwendet. In beiden Fällen lässt sich die aktuelle Position anhand von Signalstärken und Koordinaten unterschiedlicher Signalquellen wie WLAN-Routern oder Bluetooth-Beacons sowie den Abständen zu ihnen berechnen.

Nach weiteren Recherchen und Abwägen von Vor- und Nachteilen entschieden wir uns für die Bluetooth-Technologie. Als Signalquellen verwenden wir Bluetooth-Beacons. Das sind Bluetooth-Geräte mit niedrigem Energieverbrauch (Bluetooth Low Energy, abgekürzt BLE).

Die Bluetooth-Beacons können ihre Kennungsdaten an andere elektronische Geräte in der Nähe senden. In unserem Fall handelt es sich dabei um Smartphones. Die Kennungsdaten unterscheiden sich in Abhängigkeit vom Protokoll, sprich: Eddystone oder iBeacon.

Die Verwendung von Bluetooth-Beacons hat folgende Vorteile gegenüber WLAN:

  • Geringer Energieverbrauch: Bluetooth-Beacons müssen nicht ans Stromnetz angeschlossen sein. Die Batterielebensdauer beträgt durchschnittlich zwei bis fünf Jahre.
  • Geringere Anschaffungskosten: Ein Bluetooth-Beacon kostet etwa 20 bis 30 Euro.
  • Flexibilität bei der Installation: Dank kleiner Abmessungen und unterschiedlicher Formen können die Bluetooth-Beacons überall platziert werden und bleiben dabei meist unentdeckt.

Kartendigitalisierung

Wir wollten, dass die Karte auf Benutzerinteraktionen reagiert. Beim Tippen auf eine bestimmte Stelle muss die App diese Stelle eindeutig identifizieren. Dadurch kann sie beispielsweise eine Beschreibung oder zusätzliche Informationen zu einem Stand oder Raum anzeigen. Außerdem soll es möglich sein, einen bestimmten Ort auf der Karte zu markieren, um zum Beispiel die aktuelle Position des Benutzers zu zeigen.

Aus den oben beschriebenen Anwendungsfällen folgt, dass zusätzlich zum Bild des Lageplans Metadaten benötigt werden, die die Koordinaten, Größen und Formen von Kartenelementen enthalten.

Die Suche nach einer Software, die das Bild einer Karte oder eines Lageplans analysieren und auswerten kann, hat nichts ergeben.

Wir haben uns daher dafür entschieden, stattdessen ein Programm zu finden, mit dem man Objekte auf einer Karte manuell markieren und benennen und die daraus resultierenden Daten in einem offenen Datenformat exportieren kann. Dabei ist uns LibreCAD aufgefallen.

Diese freie CAD-Software entsprach allen unseren Anforderungen und kann die Projektdaten als SVG-Datei exportieren.

Prototypische Indoor-Navigations-App

Um unsere Idee zu verwirklichen und gleichzeitig ein Feldexperiment zu unternehmen, entschieden wir uns, eine prototypische mobile Navigations-App für unser Leipziger Büro zu entwickeln.

Es handelt sich dabei um eine Single-Screen-Applikation für Android und iOS, die folgende Features besitzt:

  • Zoom: Der Benutzer kann die Karte vergrößern und verkleinern.
  • Raumbeschreibung: Beim Tippen auf einen Büroraum oder -bereich wird die entsprechende Beschreibung in einem neuen Screen angezeigt.
  • Filter-Funktion: Beim Aktivieren bestimmter Filterkategorien im Filter-Popover werden die dazugehörigen Räume und Bereiche auf der Karte markiert.
  • Positionsbestimmung: Beim Tippen auf die Ortungsschaltfläche zeigt die Navigations-App den Büroraum oder -bereich an, in dem sich der Benutzer gerade aufhält.

Um die Ortsbestimmung zu ermöglichen, haben wir in jedem Büroraum abhängig von seiner Größe ein oder zwei Bluetooth-Beacons installiert.

Für die Kommunikation zwischen Beacon und Smartphone kommt das iBeacon-Protokoll zum Einsatz, da es sowohl mit iOS als auch mit Android kompatibel ist.

Um ein Bluetooth-Beacon einem bestimmten Raum zuzuordnen, benutzen wir die Kennungsdaten des iBeacon-Protokolls, zu denen die UUID, Major- und Minor-Werte des Geräts gehören. Dabei weist die UUID auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Obergruppe (zum Beispiel ein bestimmtes Gebäude). Der Major-Wert ordnet das Beacon einer Untergruppe zu, beispielsweise einer Etage des Gebäudes, und der Minor-Wert identifiziert das Beacon selbst und damit zum Beispiel einen bestimmten Raum.

Für die Digitalisierung der Karte haben wir eine schnelle und nutzerfreundliche Methode entwickelt: Man lädt das Kartenbild in LibreCAD, markiert die Umrisse der einzelnen Büroräume und -bereiche, weist jedem Umriss eine ID zu und exportiert das Ergebnis als SVG-Datei.

Die Namen und Beschreibungen der Räume sowie die Daten für die Filter-Funktionen haben wir manuell in eine JSON-Datei geschrieben und zusammen mit dem Bild der Karte und der dazugehörigen SVG-Datei in die Android- und iOS-Projekte eingefügt.

Beim Start liest die App alle Metadaten ein und baut daraus eine interaktive Bürokarte.

Fazit

Die Indoor-Navigation ist ein vielversprechendes und vielseitig anwendbares Konzept. Sie lässt sich zur Bestimmung der eigenen Position, zur Identifizierung von Messeständen, Bereichen in einem Museum, Etagen und Räumen eines Gebäudes und für vieles mehr einsetzen.

Auch weitergehende Funktionen sind möglich. Beispielsweise könnte man mit ihrer Hilfe beim Betreten eines Lesesaals das Smartphone stumm schalten oder ganz allgemein ortsabhängige Aktionen auslösen.

Bluetooth-Beacons sind sehr flexibel. Sie sind leicht installier- und konfigurierbar, können überall platziert werden und brauchen keine zentrale Stromversorgung.

In folgenden Artikeln werden wir detailliert auf die Erstellung digitaler Karten mit LibreCAD und auf ihre Nutzung in der mobilen Indoor-Navigations-App eingehen. Des Weiteren werden wir die technische Umsetzung des Indoor-Navigationskonzepts erläutern.

Wenn dir dieser Artikel gefallen hat oder du das Thema mit mir diskutieren möchtest, hinterlasse mir gerne unterhalb deinen Kommentar.

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