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Die Frage, ob Kinder programmieren lernen sollten, ist nicht unbedingt neu, hat allerdings im letzten Jahr an Bedeutung gewonnen – spätestens als Bundeskanzlerin Angela Merkel 2017 zur Eröffnung der CeBIT in Hannover sagte:

“Lesen, Schreiben, Rechnen bleiben notwendige Grundfähigkeiten; das Programmieren kommt aber noch dazu.”

Heißt das, dass Programmiersprachen quasi zur zweiten Fremdsprache werden? Dass Schulkinder Java und C lernen sollten wie Englisch oder Französisch?


Soweit muss man vielleicht nicht gehen, richtig ist aber trotzdem: Die Digitalisierung macht auch vor Schulkindern nicht halt. Die Nutzung von Smartphones, ob nun für Spiele-Apps oder nur, um die Eltern im Notfall erreichen zu können, ist für viele Kinder bereits im Grundschulalter selbstverständlich. 
Auch der zukünftige Berufsalltag der Grundschulkinder von heute wird, beeinflusst durch die Digitalisierung, anders aussehen, als der heutiger Berufstätiger. Umso wichtiger ist es, dass sie mit diesen Veränderungen nicht nur aufwachsen, sondern auch lernen, mit ihnen umzugehen.

Das muss jedoch nicht zwangsläufig bedeuten, dass Kinder tatsächlich Programmiersprachen wie Fremdsprachen lernen. Wichtiger als die Sprache selber ist es, zu verstehen, wie Computer, Smartphones und Co. funktionieren und arbeiten. Und Kindern das beizubringen, haben wir uns – als Software-Entwickler und Language Engineers – bei itemis vorgenommen. Darum haben wir mit Schulen rund um unseren größten Standort in Lünen Kontakt aufgenommen und in den Sommerferien ein kleines Pilotprojekt gestartet.

Ferienprogramm mal anders

Zu diesem Projekttag haben drei itemis’ Software-Entwickler neun Kinder von Kollegen, vier Jungen und fünf Mädchen, im Alter von 7 - 9 Jahren eingeladen, die Lust hatten, sich mit Hilfe des Calliope Mini an das Projekt “Küchenmusik” zu trauen. Diese gemischte Gruppe war uns dabei besonders wichtig – hält sich doch das Vorurteil, Mädchen hätten natürlicherweise weniger Interesse an technischen Themen, nach wie vor hartnäckig.

Bei der Küchenmusik hatten nun alle Kinder die Aufgabe, mit Hilfe des Calliope-Minicomputers und Alltagsgegenständen wie Löffel, Kugelschreiber oder Flaschenöffner ein Musikinstrument zusammenzubauen und zu programmieren – was auch allen erfolgreich gelang. Die Kinder legten beim Programmieren des Minicomputers fest, welcher Ton oder welche Melodie abgespielt werden soll, wenn der entsprechende Gegenstand berührt wird. Durch das Austauschen der Gegenstände konnten die Kinder spielerisch die elektrische Leitfähigkeit verschiedener Materialien erkunden und stellten erstaunt fest, dass auch Bananen leitfähig sind.

kinder-programmieren-lernen-lünen-calliope, Projekttag   kinder-programmieren-lernen-lünen-laptop-calliope, Projekttag


War der Projekttag erfolgreich? Absolut! Anfängliche Befürchtungen – wie können die Kinder bei Laune gehalten werden? Sind ausreichend Pausen eingeplant? – waren völlig unbegründet. Alle Kinder hatten Spaß daran, zu experimentieren und mussten sich zu Pausen regelrecht überreden lassen.

Die Kinder konnten sich für das Thema begeistern – und das ganz unabhängig vom Geschlecht. Das Ziel, Jungen und Mädchen gleichermaßen mit dem Projekt abzuholen, haben wir auf jeden Fall erreicht. Natürlich könnte man annehmen, dass das auch an familiären Vorerfahrungen liegt – da allerdings lange nicht alle Kinder aus “Informatiker-Familien” kamen, ist dies weniger wahrscheinlich. Stattdessen liegt der Erfolg eher darin begründet, dass unsere Kollegen den Tag und die Aufgabe abwechslungsreich und spannend gestaltet haben und einen Zugang zu den Kindern finden konnten.

Lesen, Schreiben, Programmieren?

Also: Geht die Frage “Sollten Kinder programmieren lernen?” Grundschulen gar nichts an – es gibt ja später, auf der weiterführenden Schule, den Informatikunterricht? Das zu behaupten wäre fatal. Vielmehr ist es wichtig, dass Schulen bereits vor dem Informatikunterricht – idealerweise eben Grundschulen – anfangen, das Interesse für IT-Themen zu wecken und Blockaden und vielleicht auch Vorurteile abzubauen. Dass dies über einen spielerischen Ansatz bereits im frühen Alter möglich ist, hat unser Pilotprojekt gezeigt.

Da wir bereits im Vorfeld unseres kleinen Pilotprojektes Kontakt zu einigen Schulen in der Gegend aufgenommen hatten und uns das durchweg positive Feedback weiter bestärkt hat, wollen wir nun darauf aufbauen: Gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern möchten wir Möglichkeiten und Wege suchen, (nicht nur) die Schulen darin zu unterstützen, einen spielerischen Zugang zum Programmieren zu entwickeln und – vor allem – zu realisieren.

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