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Im Entwickler Magazin findet sich ein sehr interessanter Artikel zum Thema Agile und Scrum. Schon der Titel lädt zum Weiterlesen ein: "Agile Märchenstunde – Mythen und Gerüchte". 

Um welche Mythen und Gerüchte es sich handelt erfährt man nach einer kurzen Einführung. Ausnahmslos sind es nur negative Gerüchte. Diese werden jeweils analysiert und dann von der Autorin zurecht entkräftet. Zum Aufwärmen beginnt sie damit, dass man Agilität und Scrum nicht gleichsetzen sollte und erklärt, dass Scrum nicht nur für kleine Projekte geeignet ist. Wir möchten an dieser Stelle dem Artikel einem "Realitätscheck" unterziehen.

Scrum ist schwer einzuführen

Richtig los geht es mit dem Mythos, dass man Scrum nur mittels eines "großen Knalls" einführen kann, "bei dem alle althergebrachten Strukturen und Vorgänge auf einmal aufgebrochen und verändert werden." Das auch dies Quatsch ist, liegt auf der Hand. Selbstverständlich gibt es für die Einführung von Scrum viele unterschiedliche Einführungsszenarien, die je nach Situation in Frage kommen.

Scrum ist planlos

Interessanter finde ich das nächste Gerücht: "Agile bedeutet totale Planlosigkeit". Ich weiß nicht wie oft uns dies in unseren Projekten untergekommen ist. Interessanter Weise zumeist von Menschen, deren Scrum Kenntnisse sich maximal im Bereich von gesundem Halbwissen bewegen. Planlosigkeit ist ein Zustand, der sich immer dann einstellt, wenn man nicht weiß, was man tut. Die gewählte Methode, sei es Wasserfall oder Scrum, spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Richtig eingesetzt führt Scrum zu viel Transparenz und einem gemeinsamen Verständnis aller Projektbeteiligten über den Stand des Projektes. Planlos ist dies auf keinen Fall.

Es gibt keinen Projektmanager

Weiter geht es mit dem Gerücht, es gäbe keinen Projektmanager in Scrum. Hier wird es spannend. Unserer Meinung nach stimmt dieses Gerücht selbstverständlich nicht. Zumindest in der Theorie. Dort gibt es entsprechende Rollen, die nur anders heißen. In der Praxis sieht es aber anders aus. Sehr oft wird die Rolle des Scrum Product Owners falsch interpretiert, schlecht besetzt und mit unrealistischen Erwartungen versehen. Dies führt zwangsläufig zu schlechten Ergebnissen und dem Wunsch nach einem "echten" Projektmanager alter Prägung.

Wie leicht sich Abhilfe schaffen lässt:

"Der Product Owner benötigt eine verbindliche Legitimation, das heißt die Unterstützung und volle Ermächtigung des Managements, damit er die Rolle erfolgreich ausfüllen kann. Besonders wichtig ist die Entscheidungsbefugnis bezüglich der genauen Formulierung von Anforderungen und deren Priorisierung."

Genügend Zeit und Vertrauen helfen also jedem, der diese Rolle ausführen soll. Konsequentes Ausrollen von agilem Wissen an alle Stakeholder sorgt weiterhin für realistische Erwartungshaltungen.

Scrum ist nur für die IT geeignet

Zum Schluss erläutert die Autorin, dass Scrum keineswegs auf die IT-Branche beschränkt ist. Sehen wir auch so. Scrum ist für viele Branchen eine gute Alternative und kann problemlos eingeführt werden. Wir setzten Scrum bei uns im Marketing und im Controlling ein und finden die Methode dort sehr passend.

Die Frage, ob Scrum nun nur für die IT geeignet ist oder nicht, teilt auch die beiden großen Zertifizierungsorganisationen in zwei Lager. Während man bei der Scrum Alliance ausdrücklich betont, dass sich Scrum für viele Branchen eignet, ist man bei Scrum.org sehr dogmatisch. Scrum kommt aus der IT und bleibt auch dort. Dieses sollte man berücksichtigen, wenn man sich zwischen beiden Zertifizierungen entscheiden muss.

Heile Welt und Realität

Das wars auch schon mit den Gerüchten im Artikel. Als Leser kommt man zu dem Schluss, Scrum sei 'ne tolle Sache und sollte nicht pauschal abqualifiziert werden. Richtig!

Auf der anderen Seite gibt es aber sehr viele Aussagen über Scrum, in denen diesem Framework heilsame Wirkungen auf Projekte zugesprochen werden, die gleichermaßen falsch sind. Ich hätte in diesem Artikel auch gerne etwas über solche Mythen und Gerüchte gelesen, da sie meiner Meinung nach ebenfalls viel Unheil anrichten. Überzogene Erwartungen nach dem Motto "Jetzt sind wir agil, jetzt wird alles gut" sind hier nur ein Beispiel. 

Scrum ist ein tolles Framework, das, sofern richtig eingesetzt, allen Projektbeteiligen weiterhelfen kann. Ein Allheilmittel ist es nicht. Ein schlechter Stoff für Märchen sowieso.

Außerdem: Wer möchte schon Märchen über Scrum hören?

 

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