Ihr seid motiviert, Usability Engineering in euer Projekt zu integrieren, stoßt aber auf Gegenwind, da das Management der Meinung ist, der Einsatz wäre zu teuer? Diese Sichtweise ist leider immer noch weit verbreitet. Ich habe euch daher Metriken zusammengetragen, mit denen ihr den Erfolg von Usability messen und sicher auch euren Chef überzeugen könnt.
Usability – Wichtig, aber zu teuer!
Wenn ich in Gesprächen mit Entwicklern oder Projektleitern erzähle, dass ich als Usability Engineer arbeite, höre ich oft: „Usability ist auch für uns essentiell.” In solchen Momenten blüht mein Usability-Herz auf: Es ist leider immer noch nicht selbstverständlich, dass während der Entwicklung Wert auf Usability Engineering gelegt wird. Ich hake dann meist direkt nach, welche Methoden eingesetzt werden, um die Usability zu optimieren. Oftmals stellt sich heraus: Usability wird meist mit Design gleichgesetzt – oder es heißt: „Die Entwickler achten einfach darauf“.
Wenn ich daraufhin erzähle, was denn wirklich hinter dem Begriff Usability Engineering steckt , ist das Interesse geweckt. Nicht selten kommt es vor, dass man dann zu einer Präsentation ins Unternehmen eingeladen wird, den Prozess und seine Methoden vorstellt und auch hier die Zuhörer überzeugt. Nach der Präsentation bin ich optimistisch, einem Entwicklungsteam helfen zu können, eine Anwendung mit guter Usability zu bauen. Doch dann: die Absage. Das Management hat nicht zugestimmt, einen Usability Engineer mit in das Projekt aufzunehmen mit der Begründung: Das kostet zu viel.
Metriken und KPIs, um Usability zu messen
Ich bin da ganz anderer Meinung: Durch Usability Engineering spart man an verschiedensten Stellen Geld und Zeit, wodurch die befürchteten Kosten relativiert werden. Und die Erfolge von Usability Engineering kann man messen! Ihr wollt wissen, wie und womit? Ich habe euch dafür verschiedene Kennzahlen zusammengestellt. Außerdem könnt ihr mit unserem Excel-Template mit ein paar Variablen herumspielen und euch ausrechnen lassen, was Usability Engineering potentiell für Einsparungen mit sich bringen kann.
#1: Effizienzoptimierung und Zeiteinsparung
Angenommen, ihr entwickelt eine Anwendung, bei der Nutzer bestimmte Arbeitsschritte ausführen müssen, um ein Ziel zu erreichen. Diese Arbeitsschritte nehmen eine gewisse Zeit in Anspruch. Gut, dass eines der Hauptziele von Usability Engineering die Verbesserung der Effizienz einer Anwendung ist. Dazu schaut sich der Usability Engineer u.a. die Dauer und Anzahl der Arbeitsschritte an, die notwendig sind, um ein Ziel zu erreichen. Das trägt dazu bei, überflüssige Schritte und Zeitfresser zu identifizieren und diese Problemstellen zu verbessern.
Eine entsprechende Verbesserung führt dazu, dass der Prozess viel schneller durchlaufen werden kann als zuvor. Je nach Stundensatz der Mitarbeiter kann bereits eine geringe Einsparung der Zeit deutliche finanzielle Einsparungen bedeuten. Das könnt ihr z. B. mit unserem Excel-Template ausrechnen.
#2: Produktivität und Nutzer-Performance
Mit der Zeiteinsparung geht auch die Erhöhung der Produktivität einher: Je weniger Zeit die Nutzer für die Ausführung ihrer Aufgabe brauchen, desto mehr Produktionsdurchläufe schaffen sie – und desto mehr wird abgearbeitet und erledigt. Also wieder ein Gewinn für euch.
Die Nielsen & Norman Group hat z. B. herausgefunden, dass die Produktivität bzw. Nutzerperformance um 161% verbessert wird, wenn 10% des Projektbudgets in Usability Engineering investiert wird.
#3: Abbruchraten vs. Aufgabenerfüllung
Gerade, wenn ihr im Online-Sektor unterwegs seid, beispielsweise einen Onlineshop betreibt, spielen Abbruchraten eine große Rolle. Euer Ziel ist es, dass die Nutzer ihre Aufgabe, den Kaufprozess abzuschließen, erfüllen – also etwas bei euch kaufen. Zu komplex und umständlich gestaltete Kaufprozesse führen jedoch dazu, dass viele Nutzer den Kauf abbrechen. Das ist für euch fatal, denn ihr habt entsprechend keine Einnahmen durch einen Verkauf.
Durch Usability Engineering findet ihr heraus, warum die Nutzer scheitern: Vielleicht dauert der Prozess zu lange, ist zu kompliziert oder der Nutzer kommt an einer Stelle gar nicht weiter. Überlegt also einmal, wie viel mehr Einnahmen ihr machen könnt, wenn schon ein paar Nutzer mehr den Prozess zu Ende durchlaufen und ein Produkt kaufen oder andersherum: Wie viel euch entgeht, wenn noch ein paar Nutzer mehr den Prozess abbrechen und lieber bei der Konkurrenz einkaufen. Das macht sicherlich einiges aus.
#4: Schulungsaufwand und Supportanfragen
Je komplizierter ein System ist, desto mehr müsst ihr im Vorfeld in Schulungen investieren: Gerade die Einführung neuer Unternehmensanwendungen ist unweigerlich mit Schulungen verbunden. Je nachdem, wie viele Mitarbeiter und Schulungstage das betrifft, kann das enorme Kosten verursachen.
Usability Engineering bezieht den Nutzer von vorneherein in den Entwicklungsprozess mit ein. So wird dafür gesorgt, dass Interaktionsschritte, Prozesse und Benennungen intuitiv verständlich sind. Auch hilft eine Anforderungserhebung dabei, dass Systeme nicht zu komplex werden.
Als Konsequenz führt dies dazu, dass weniger Schulungsaufwand notwendig ist und: Wenn das System eingeführt ist, freut sich die Support-Hotline, da sie viel seltener Anrufe erhält. Also wieder ein finanzieller Gewinn.
#5: Time to Market
Usability Engineering kann auch in anderen Bereichen, wie etwa der Produktentwicklung, eine große Hilfe sein.
Nehmen wir die Versicherungsbranche als Beispiel: Neue Versicherungsprodukte müssen möglichst schnell konzipiert und umgesetzt werden, damit diese noch bevor die Konkurrenz ein ähnliches Produkt eröffnet, am Markt sind. Die Time to Market ist also unglaublich wichtig.
Dahinter steckt jedoch ein umfangreicher Entwicklungsprozess, bei dem es an vielen Stellen zu Verzögerungen kommen kann. Auch in solchen Prozessen kann man Usability Engineering einsetzen, beispielsweise um herauszufinden, wo Probleme im Prozess sind, oder welches der im Prozess eingesetzten Tools zu kompliziert und zeitfressend sind.
Eine Optimierung dieser Befunde kann gravierende positive Auswirkungen auf die Time to Market haben. So werden nicht nur Entwicklungskosten gespart, es kann auch schneller Umsatz mit dem neuen Produkt gemacht werden.
Usability Engineering lohnt sich
Die genannten fünf Metriken sind nur ein Auszug aus vielen, die zeigen können, dass sich Usability Engineering wirklich lohnt. Es gibt noch viele weitere Metriken, mit denen ihr Erfolge messen könnt, wie z. B. die Conversion Rate, Traffic auf eurer Seite bzw. die Anzahl der Besucher, Entwicklungszeit oder die Anzahl der Bedienfehler.
Unser Blogpost „6 Gründe für Usability Engineering“ gibt euch zudem noch weitere Argumente an die Hand, um euer Management zu überzeugen. Verrechnet also einmal die Kosten für den Einsatz eines Usability Engineers mit den finanziellen Einsparungen, die durch eine Usability-Optimierung erreicht werden und präsentiert die Zahlen eurem Chef. So wird schnell deutlich, dass die ursprüngliche Aussage, Usability Engineering sei zu teuer, nicht stimmt.
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