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In diesem Blog-Post geht es nicht um die mentalen Modelle wie wir sie beispielsweise von Norman und Nielsen kennen ("A mental model is what the user believes about the system at hand"). Es handelt sich vielmehr um eine Methode, mit welcher qualitative Daten (z. B. aus Kontextinterviews) strukturiert und visualisiert werden können. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Auswertung von Aufgaben, die ein Nutzer in einem bestimmten Kontext oder im Zusammenhang mit einem Produkt erledigt. Mental Model Diagrams beschreiben einen Prozess zur Erstellung von Affinitätsdiagrammen und eignen sich besonders gut, um seine Zielgruppe kennenzulernen und besser zu verstehen. Doch was hat es mit dieser Methode genau auf sich?

Auf der Mensch und Computer Konferenz 2015 in Stuttgart referierte die Firma D-LABS über diese interessante Methode, welche ursprünglich von Indi Young in ihrem Buch "Mental Models – Aligning Design Strategy with Human Behavior" aufgegriffen und beschrieben wurde. Im Folgenden möchten wir euch die entsprechende Methode kurz vorstellen.

Wie werte ich qualitative Daten am besten aus?

Als Usability Engineers stehen wir oft vor der Aufgabe, erhobenen Daten aus qualitativen Tiefeninterviews zu strukturieren und für andere zugänglich zu machen. Mit der Methode der Mental Model Diagrams werden nicht nur das Vorgehen und die Handlungen eines Nutzers auf z.B. einer Website aufgezeigt, sondern auch alle weiteren (offline) Handlungsschritte berücksichtigt. Die Erkenntnisse aus den Interviews werden schließlich analysiert, strukturiert, gruppiert und in ein Mental Model Diagram übertragen. Das Diagramm gibt somit einen Überblick über alle Schritte, welche nötig sind, um eine Aufgabe bzw. ein Nutzerziel zu erreichen. Weiterhin lassen sich mittels Zuordnungen und Differenzierungen der Handlungen Nutzerbedürfnisse identifizieren. Es kann vorkommen, dass bei der Analyse einer Website Lücken zwischen dem Vorgehen des Nutzers und dem bestehenden Angebots der Seite identifiziert werden. Diese Lücken werden in dem Diagramm visualisiert und können anschließend einfacher gefüllt werden.

Die Methodik

Das methodische Vorgehen bei der Erstellung der Diagramme umfasst eine erste Analyse der erstellten Transkripte mit besonderem Fokus auf Handlungen, Motivationen und Aufgaben der Nutzer. Im Laufe weiterer Durchgänge werden die Handlungen zusammengefasst und gruppiert. Schließlich werden die gefundenen Handlungsgruppen und Aufgaben benannt, nochmals verdichtet und Überschriften für die übergeordneten Tätigkeiten generiert (Mental Spaces). Ein einzelner Aufgabenabschnitt wird dabei auch als Task Tower bezeichnet. Sie bilden eine Handlungskategorie im Mental Space. Desweiteren können Werkzeuge und Tools den einzelnen Task Towern zugeordnet werden. Dabei sind weitere inhaltliche Ergänzungen möglich, wie beispielsweise die Wichtigkeit bestimmer Tools oder die Anzahl der Nennungen in den Interviews. Dementsprechend können die einzelnen Blöcke angepasst und verändert werden, indem die Rahmendicke variiert oder z.B. eine Füllfarbe verwendet wird. Somit kann auch eine schnelle  Formatanpassung an das Corporate Design vorgenommen werden.

Interpretation der Mental Model Diagrams

Hinsichtlich der Interpretation dieser Diagramme könnten viele unterschiedliche Tools unter einem Task Tower zum einen darauf hinweisen, dass keines der verwendeten Tools den Nutzer adäquat in seiner Aufgabenerledigung unterstützt. Zum anderen besteht die Vermutung, dass für eine Aufgabe viele unterschiedliche Werkzeuge genutzt werden. Ableiten lässt sich aus diesen Informationen, dass eine Überarbeitung der Funktionalitäten, des Schulungsmaterials oder der gesamten Toollandschaft stattfinden sollte. Auf der anderen Seite könnte die Tatsache, dass es unter einigen Towern keine Tools gibt, darauf hinweisen, dass die entsprechenden Aufgaben aktuell von keinem Tool unterstützt werden. Hier eröffnen sich Möglichkeiten, durch welche neue Produkte oder Funktionalitäten im Markt platziert werden könnten.

Abbildung 1: Beispielhafter Aufbau eines Mental Model Diagrams 

Alles in allem findet sich in den Mental Model Diagrams eine schnelle und anschauliche Auswertungsmethode für qualitative Daten, um Aufgaben und zugrundeliegende Denkweisen von Nutzers zu visualiseren. Nicht zuletzt können so Marktlücken identifiziert, fehlende Funktionen aufgedeckt und Impulse für Innovationen gesetzt werden.

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