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Wie heißt es doch so schön: „Wer die Wahl hat, hat die Qual.“ Kein Wunder also, dass auch strategisch bedeutungsvolle Entscheidungen, wie der Einsatz bestimmter Technologien in der Produktentwicklung, häufig nicht leicht fallen.

Insbesondere in einer Zeit, in der immer neue Trends unsere Technologie-Umwelt zu dominieren scheinen, aber Projekte weiterhin im Spannungsfeld von Zeitdruck, Kosten und der Anforderung an hohe Qualität entwickelt werden müssen.

Eine zuverlässig erfolgsversprechende Entscheidung zu treffen, ist ohne Zweifel schwierig, denn in der Projektanfangsphase können wir uns selbst noch kaum eine konkrete Vorstellung des Endergebnisses machen. Auch eine klare und gemeinsame Vorstellung des fertigen Produktes muss zwischen den Projektbeteiligten meist erst noch ausgehandelt werden. Die Entscheidung, auf welche technologischen Pferde man am besten setzt, ist daher von Ungewissheit geprägt. Aber auf welche Entscheidungsgrundlage können wir uns dann verlassen?

Kriterien für eine Technologieentscheidung mit Erfolgsgarantie?

Es liegt also nahe, nach Kriterien zu suchen, anhand derer eine Bewertung vorhandener Alternativen vorgenommen oder eine gemeinsame Entscheidung getroffen werden kann. Die entsprechende Diskussionen drehen sich dabei aber allzu häufig um Abschätzungen über zukünftige Entwicklungen und inwiefern diese bewältigt werden können:

  • Antizipierte Aufwandsabschätzungen: „Wie schnell können wir eine erste Version erstellen?“, „Wie viel Einarbeitungsaufwand müssen wir investieren?“, „Existiert eine vernünftige Dokumentation?“, „Wie sieht das Ökosystem rund um die Technologie aus?“, „Welche Beiträge können wir aus der Community entnehmen?“
  • Vorhandene Ressourcen: „Welche Kompetenzen besitzt das Team?“, „Können wir Vorhandenes wiederverwenden?“
  • Risikoabschätzungen einer antizipierten Zukunft: „Was hat Zukunft?“, „Was liegt im Trend?“, „Wie häufig wird es Updates geben?“, „Welche Performance können wir erwarten?“

Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn schließlich hoffen wir, hieraus harte Faktoren ableiten zu können, welche uns im Sinne einer objektiven und nachvollziehbaren Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stehen. Natürlich versuchen wir die Bewertungen der unterschiedlichen Aspekte so genau und zuverlässig zu machen, wie es eben unter diesen Bedingungen möglich ist. Dies wiegt uns zwar in Sicherheit, jedoch können wir hierbei sehr schnell in die Irre geführt werden. Schuld daran ist unsere “bounded rationality” (zu deutsch: eingeschränkte oder begrenzte Rationalität).

Mit diesem Konzept beschreibt die sozialwissenschaftliche und wirtschaftswissenschaftliche Forschung, dass Menschen eher einfache Strategien und mentale Heuristiken, als formale Regeln nutzen, um Urteile zu fällen und Entscheidungen zu treffen. Selbst wenn wir meinen, Faktoren verlässlich abschätzen zu können, neigen wir zu einer Reihe von kognitiven Verzerrungen, welche uns in unserer Entscheidungsfindung beeinflussen. Wir lassen uns sozusagen von unserem Bauchgefühl leiten.

Das wichtigste Kriterium: Die Akzeptanz des Nutzers

Wie können wir diese Erkenntnisse nun für uns nutzen, um in kritischen Entscheidungssituationen nicht unserer “bounded rationality” zu verfallen?

Wir bei itemis stellen uns die Frage, was einer der aussagekräftigsten Gradmesser für den Erfolg eines Projekts ist: Unserer Meinung nach ist das die Akzeptanz des ausgelieferten Produkts durch die Nutzer. Eine hohe Nutzerakzeptanz ist das Ergebnis einer guten UX (User Experience), also dem Nutzererleben, welches die Produktbewertung der Kunden (schon vor und auch nach der eigentlichen Benutzung) beeinflusst. Diesen Faktor außer Acht zu lassen, birgt daher auch ein gewisses Risiko für den Projekterfolg. Alle Entscheidungen, die Auswirkungen auf das Nutzererleben haben können, sollten daher immer auch mit der Frage „Welches Nutzererleben möchten wir unseren Kunden bieten?“ verknüpft sein.

Eigentlich ist es nicht verwunderlich, dass das Erfolgskriterium Nutzerakzeptanz nicht immer schon von Anfang an als maßgebender Einflussfaktor zur Entscheidungsfindung herangezogen wird. Schließlich sind die Erwartungen von Person zu Person unterschiedlich, und wie das Produkt angenommen wird, lässt sich doch eigentlich nur nach der Veröffentlichung feststellen, oder? Dies ist zwar streng genommen richtig, aber viele Informationen über unsere Nutzer und deren Erwartungen, Motive und Verhalten lassen sich schon im Vorfeld systematisch erheben und auswerten, wodurch sich schließlich auf tatsächlichem Wissen basierte Entscheidungen ableiten lassen, die nicht unserer “bounded rationality” unterliegen.

Jetzt schon wissen, was dem Nutzer gefällt – dank Usability Engineering

Auch wenn es auf den ersten Blick ungewohnt erscheint, aber Nutzerakzeptanz kann bewusst geschaffen werden. Mit den jeweils passenden Usability-Engineering-Methoden sammeln wir Informationen, die uns bei diesem Vorhaben helfen – und das schon vor dem Schreiben der ersten Codezeile. Diese Informationen beinhalten beispielsweise eine klare Definition der Nutzergruppen, die Analyse von Anforderungen in den jeweiligen Nutzungssituationen (z.B. durch Kontextinterviews) und die Erhebung von Erwartungen und Gewohnheiten.

Dieses Wissen gibt Aufschluss über die Komplexität des Produkts, den Funktionsumfang und die zu implementierenden Interaktionskonzepte. Darauf aufbauend können passende und clevere Bedienkonzepte erarbeitet werden, die auf den Bedürfnissen der Anwender beruhen und mit denen sie effizient arbeiten können. Ob diese Ideen und Konzepte wirklich den Erwartungen der Anwender entsprechen und wie sie von ihnen angenommen werden, kann wiederum systematisch überprüft werden. Als Basis für diese Erhebungen reichen häufig schon einfache Papier-Prototypen aus. Dieses Wissen ist nicht nur für das Oberflächendesign wichtig, sondern beeinflusst auch die Entscheidungen für (oder gegen) Technologien, die unter der Haube stecken, aber einen indirekten Einfluss auf die Nutzungserfahrung haben.

Diese konkreten, auf objektiven Daten beruhenden Ergebnisse erleichtern uns die Technologieentscheidung. Die Gefahr, an zu spät festgestellte Machbarkeitsgrenzen einer Technologie zu stoßen, wird somit minimiert. Sollte es einmal so sein, dass das Ergebnis unserer Entscheidungen bei den Nutzern nicht gut abschneidet, haben wir dies schon frühzeitig und kostengünstig festgestellt. Die Produktentwicklungskosten bleiben dadurch ebenfalls weiterhin kalkulierbar.

Übrigens: Wer sich für weitere Vorteile von Usability Engineering und Beispiele aus der Praxis interessiert, liegt mit unserem kostenlosen E-Book goldrichtig.

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